Nadelfabrik Beissel

Die Geschichte der Aachener Nadelfabrik “Stefan Beissel sel. Wwe. & Sohn“, vielen nur als “Selige Witwe“ bekannt, reicht bis 1730 zurück. Bereits 1688 hatte sich Beissel durch die Heirat mit der Witwe des bekannten Nadelmachers Quirinus Chorus d.Ä. das Zunftrecht an der Nadelherstellung erworben. Als bevorzugte Exportländer der Nadelfabrik, die 1793 in das von Stephan Beissels Enkel erworbene Fabrikgelände im Pontdriesch verlegt worden war, werden Frankreich und Spanien genannt. 1841 vergrößerte sich Beissels Nadelfabrik durch den Ankauf der Firma “Springsfeld & Sohn“, weshalb man 1846 gezwungen war in die Jakobstraße umzuziehen. 1847 löste die maschinelle Fertigung mit Hilfe einer Dampfmaschine die handwerkliche ab, die Produktion stieg auf eine jährliche Zahl von 120 Millionen Nadeln. Ab 1856 war der Betrieb so fortschrittlich, dass sogar erste Exporte nach Übersee getätigt werden konnten.

Der Ausbruch des 1. Weltkriegs brachte der Firma schwere Probleme, da durch den Krieg die Exporte ins Ausland gänzlich eingestellt werden mussten. Auch im kurzzeitig folgenden Frieden konnte das Unternehmen nicht zu alter Stärke zurückfinden. Während des 2. Weltkriegs schließlich wurde der Betrieb zu 80% zerstört. Doch dank harter Wiederaufbauarbeit konnte die Produktion bereits 1948 mit 100 Arbeitern wieder aufgenommen werden. Obwohl aber der Konkurrenzkampf weitestgehend abgeschwächt war, die Betriebe sogar untereinander ihre Erfahrungen austauschten, nahm die Bedeutung der Nadelindustrie weiter ab. Die Unternehmen mussten sich mehr und mehr spezialisieren. So stellte Beissel bald nur noch Buchbinder- und Pelznadeln her; man versäumte, sich rechtzeitig auf neue Produkte, Produktionstechniken und Märkte einzustellen, was zur Folge hatte, dass unter anderem der gesamte Absatzmarkt in Osteuropa wegfiel.

Bis Anfang der 90er-Jahre konnte sich das Unternehmen durch ständige Verkleinerungen mühsam halten, dann aber war der Betrieb nicht mehr aufrecht zu erhalten. Am 31.12.1993 wurde das Werk stillgelegt. Die Räumlichkeiten des Verwaltungsgebäudes in der Jakobstraße sind inzwischen renoviert und werden zu Wohnzwecken und als Büroräume genutzt; nur die inzwischen erneuerte Fassade erinnert noch an die alte Nadelfabrik.


Fabrikantenhaus Jakobstraße 35

Wenige Meter weiter befindet sich ein Fabrikantenhaus. Im Jahre 1798 erwarb der Tuchfabrikant Edmund Joseph Kelleter (1741-1821) das repräsentative Haus in der Jakobstraße 35. Erbaut wurde das Gebäude bereits 1669 vom ehemaligen Bürgermeister Johann Bertram von Wylre. 1804 besuchte unter anderem auch Kaiser Napoleon Kelleter in seinem Anwesen. Hinter dem Anwesen ließ Kelleter einen (heute nicht mehr vorhandenen) Werkbau errichten, in dem er eine Tuchfabrik einrichtete. Neben einer Dampfmaschine war die Fabrik auch mit einer Leuchtgasanlage ausgestattet. Das Gas dafür produzierte man damals in der Fabrik selber. Nach dem Tod von Kelleters Sohn übernahm der Nadelfabrikant Heinrich Nütten die Fabrik und nutzte diese fortan als Nadelfabrik. 1861 erfolgte die nächste Übernahme, und zwar durch den Kratzen- und Nadelfabrikant Eduard Alexander Heusch (1833-1890), welcher eine der ersten Kratzenfabriken in Aachen betrieb.