Tuchfabrik Lochner / Nadelfabrik Heusch

Nicht nur der Name der heutigen Lochnerstraße verweist auf ein bedeutendes Unternehmen, das sich auf einem Areal jeneseits der Barbarossamauer befand. Bereits 1773 begann die frühindustrielle Nutzung dieses Geländes, als der Tuchindustrielle Heinrich van Houtem ein 2300 Quadratmeter großes Gartengelände erwarb, auf dem er eine Fabrik errichtete. Die nicht bebauten Flächen wurden zur Trocknung der Tuchbahnen genutzt. Unter Ignatz van Houtem wuchs das Unternehmen mit seinen 292 Mitarbeitern zu einem der damals größten Betriebe Aachens heran. Als Gründe hierfür lassen sich die Gewerbefreiheit und die allgemeinen Begünstigungen Napoleons gegenüber den Tuchfabriken anführen, die so weit reichte, dass er 1804 persönlich den Betrieb van Houtem besichtigte.

1857 erwarb der Tuchfabrikant Johann Friedrich Lochner das Gelände und legte zwei Straßen an, die heute als Mauer- und Lochnerstraße bekannt sind. Nach Erweiterungsmaßnahmen im Jahre 1874 erhielt das zur Lochnerstraße hin gelegene Gebäude das Aussehen einer Burg. Auf dem Dach konnte eine solch große Menge an Wasser gespeichert werden, dass man dort mit einem Ruderboot fahren konnte. Die Tuchfabrik arbeitete noch 40 Jahre, bis sie schließlich kur vor dem 1. Weltkrieg stillgelegt wurde.

Die Fabrikgebäude übernahm die Nadelfabrik „Hugo Heusch & Cie. G.m.b.H.“. Die Geschichte der Firma Heusch lässt sich bis ins Jahr 1803 zurückverfolgen. Damals gründete Laurent Jecker eine Nadelfabrik, die Hugo Heusch und Heinrich Butenberg 60 Jahre später übernahmen. Nach Gutenbergs Rückzug 1891 ging der Betrieb in Heuschs alleinigen Besitz über. Zu dieser Zeit hatte das Unternehmen mit einer jährlichen Produktion von 100 Millionen Nadeln bereits Weltbedeutung. Der im Ausland aufkommende Konkurrenzdruck und die Inflation bereiten der Nadelfabrik große Schwierigkeiten, hinzu kam außerdem der Siegeszug der Maschinennadel. Um diesen Problemen entgegenzutreten, übernahm die Firma 1931 die „Carl Huhn & Cie KG“, deren Fabrikationsprogramm die Fertigung hochwertiger Industrienadeln umfasste.

Die Firma befand sich noch bis in die 60er-Jahre in den alten Fabrikgebäuden – die Gebäude waren im Krieg kaum beschädigt worden. Anschließend zogen TH-Institute in die Gebäude ein. Die Fabrikgebäude sind weitgehend erhalten geblieben. Der ca. 130 Jahre alte viereckige Schornstein – einer der wenigen, die aus der frühen Zeit erhalten geblieben sind – wird heute noch benutzt. Leider wurde das früher wie eine Festung wirkende Gebäude an der Lochnerstraße durch eine moderne Verkleidung entstellt – ein unsensibler und törichter Eingriff in die erhaltene Bausubstanz. Aus der Zeit van Houtems stammt das Barockportal am Karlsgraben, das vor einigen Jahren saniert wurde.